Rund um die Annapurnas 1998

Aufstieg zum Thorung La 5416 m Bild-Scan aus der vor-digitalen Zeit 1998

Halb acht Uhr morgens, strahlend blauer Himmel soweit das Auge reicht.

Noch spürt keiner den eiskalten Wind der uns aus dem Kali Gandhaki Tal entgegenschlägt! Wir sind überglücklich! Unter unseren Füßen der Thorong La, 5416 m hoch, die Königsetappe der Annapurna – Umrundung. Unser Blick schweift weit, über das Panorama namenloser Sechstausender, bis zu den Gipfeln der Annapurnas. Bald werden wir auch die Eisriesen Dhaulaghiri und Niligiri sehen. Hinter dem Horizont, nur noch 2 Tagesetappen weit, das verbotene Königreich Mustang! Wir umarmen uns, In einer Woge von Glück, Zufriedenheit und immer noch ein wenig Staunen dass wir es tatsächlich geschafft haben, saugen wir die Landschaftsbilder in uns auf! Ganz selbstverständlich freuen sich unsere Sherpas und Träger mit uns, als wäre es auch für Sie das einmalige Erlebnis das wir empfinden, und nicht harte Arbeit! Im Zeitraffer erleben wir noch mal den Weg der letzten 10 Tage, der uns von Besisahar in stetem Auf und Ab, an den Talflanken des Marsyangdi Khola entlang, in immer höhere Regionen führte. Schon die Busfahrt von Kathmandu nach Besisahar war ein kleines Abenteuer. Für knapp 200 Km waren wir reichlich 7 Stunden unterwegs. Zunächst auf annehmbaren geteerten Landstraßen, dann über Schotterpisten und schließlich auf unbefestigten Fahrspuren! Der Busfahrer war ein Meister seines Faches und jonglierte das hochbeinige Gefährt souverän über alle Böschungen, mit Schwung durch Furten und schaffte ab und zu auch noch ein Überholmanöver! Am frühen Nachmittag erreichten wir unser Hotel in Besisahar. Dort hatten wir in unserem Doppelzimmer noch einen Mitbewohner! Ein kleiner grüner Gecko nahm unsere Gastfreundschaft in Anspruch, und wir hatten dafür die Gewissheit dass Spinnen und anderes Getier fern blieben. Wir starten unser Trekking in einer subtropischen Landschaft. Umgeben von Zitrusfrüchten, Bananenstauden und üppiger Blütenpracht durchwandern wir endlose Reisterassen. Das ohrenbetäubende Zirpen der Grillen und Zikaden begleitet uns fast den ganzen Tag. Schon am frühen Morgen ist es über 30 Grad heiß und als wir einen der zahlreichen Gebirgsbäche durchwaten, weil die Brücke wenig vertrauenserweckend aussieht, empfinden wir das als angenehme Erfrischung. Die Pfade führen in ständigem Auf und Ab an den Talflanken des Marsyangdi Khola entlang. Manchmal wissen wir nicht, ob die Wasser der Gebirgsbäche über den Weg laufen, oder ob wir gerade in einem Bachbett unterwegs sind. Wir entwickeln schnell die notwendige Geschicklichkeit uns auf den durchnässten Wegen, oder in halbwegs trockenen Bachbetten von Stein zu Stein fortzubewegen. Noch ist das Tal weit und gestattet uns gleich am ersten Tag den Anblick des Manaslu, einer der 14 Achttausender, majestätisch, beherrschend thront er über dem Tal !Die erste Mittagsrast verbringen wir in Bulbhule, unter Sonnendächern aus Reisstroh, inmitten eines Blütenmeeres aus Bougainvilla, Hibisken, Oleander, Malven…….. . Wir knüpfen erste Kontakte zu anderen Trekkern, die wir im Laufe der nächsten Wochen immer wieder treffen sollten. Am Abend wurde es dann gleich spannend! Wir vermissten unsere Träger samt Gepäck! Waschzeug, Schlafsack, Wäsche zum Wechseln. Nichts dergleichen, und so saßen wir in unseren durchgeschwitzten Klamotten und machten uns gegenseitig Mut! Die Lodge entpuppte sich auch nur als teilweise empfehlenswert, denn die unteren Räume waren eher feuchte Kellerlöcher in denen der Salpeter an den Außenwänden blühte. Dafür waren die Trennwände zum Inneren hin aus Holz und mit einem ZEIT – Exemplar aus den späten 80er Jahren tapeziert! Inzwischen machte sich unser Sirdar mit Taschenlampe auf die Suche nach unseren Trägern und erntete heftigen Applaus als er schließlich gegen 9 Uhr, mehr als 2 Stunden nach Einbruch der Dunkelheit mit Trägern und Gepäck zurück kam. Etwas kleinlaut gab er zu dass die Agentur fast nur junge unerfahrene Leute geschickt hatte! Wir ahnten schon, dass uns das Thema noch länger begleiten würde! Die zweite Etappe führte uns von Bahundanda nach Chamje. Wieder subtropische Temperaturen, wieder in stetem Auf und Ab entlang der Talflanken des Marsyangdi Immer wieder begleitet von tosenden Wasserfällen und, wo immer das Tal weit genug war, endlose Reisterassen! Unsere heutige Lodge war noch eine Baustelle, lies aber schon ahnen dass es einmal eine, für lokale Verhältnisse, recht ordentliche Unterkunft werden sollte. Die letzten Träger waren immerhin schon um 19.00 Uhr, also eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit da! Übernacht kamen wohl auch unserem Sirdar Bedenken, ob diese unerfahrene Mannschaft den weiteren Verlauf durchhalten würde! So machten wir uns am nächsten Morgen mit der beruhigenden Nachricht auf den Weg, dass der Sirdar neue Träger anheuern wird! Das Tal wird nun immer enger. Mehrfach überqueren wir den Fluss auf Hängebrücken und als wir glauben nach einem steilen Anstieg das Talende erreicht zu haben, öffnet sich uns auf dieser Höhe der Talkessel von Thal – Manang. Jetzt ist auch die Vegetation viel weniger tropisch, die Häuser in Thal sind flach und aus Stein erbaut. Manimauern zeugen von buddhistischem Glauben und Kultur. Unser heutigen Tagesziel ist Bagarchap, eine freundliche Lodge, etwas außerhalb des Ortes bietet uns den Luxus einer Dusche! Auf dem Dach einer kleinen Steinhütte stehen zwei große schwarze Kunststoffbehälter in denen das Wasser durch die intensive Sonneneinstrahlung angenehm temperiert wird! Das beherrschende Thema das Abends war dann wieder die Trägermannschaft. Für uns völlig überraschend hatte unser Sirdar drei Frauen „eingewechselt“! Die hatten dann auch gleich gezeigt, dass Sie ihren „Mann“ stehen würden und waren just in Time mit uns am Etappenziel. Nun wussten wir schon, dass in Nepal auch Frauen diesen harten Job verrichten, aber selbst diese Erfahrung zu machen, war dann doch ungewöhnlich! Ich war mir erst nicht sicher, ob die Bewunderung für diese Frauen überwiegt, oder ob es nicht doch am Ego rüttelt, sich die Last des eigenen Gepäckes vom vermeintlich schwachen Geschlecht abnehmen zu lassen. Wie die anderen Mitglieder der Gruppe entschied ich mich dann doch für die Bewunderung!  Zurecht, wie der weitere Verlauf des Trekkings zeigen sollte, hatten wir doch jetzt eine super Mannschaft und es machte Freude unseren BegleiterInnen zwischendurch mal mit einer Limonade oder einer Schachtel Zigaretten Anerkennung zu zeigen. Inzwischen haben wir die 2000 m Marke hinter uns gelassen! Der langsame stetige Aufstieg ist gut für die Akklimatisation und die Tagestemperaturen sind jetzt angenehm warm! Auf unserem Weg nach Charme sehen wir heute zum ersten Mal Annapurna II und den Lamajung Himal. In Chame haben wir abends noch etwas Zeit und so ersteht Anne eine landestypische Strickmütze, die noch gute Dienste leisten sollte. Den heutigen Weg von Chame nach Pisang genießen wir mit Ausblicken auf das Annapurnamassiv. Die Landschaft hat sich in den vergangenen Tagen immer mehr verändert. Hochwald wechselt sich ab mit Wiesen, Enzian und Edelweiß nur wenige Meter neben dem Weg und immer wieder herrliche Ausblicke auf die uns nun unmittelbar umgebende Bergwelt! Pisang, mit 3300 m auf der Höhe stattlicher Alpengipfel gelegen, bietet uns Herberge in einer angenehmen Lodge, dessen Besitzer ausgesprochen tibetische Gesichtszüge aufweist. Wegen seiner struppigen Haarpracht taufen wir ihn Yeti! Unserer ausgezeichneten Stimmung kommt es entgegen, dass der Sherpa einer anderen Gruppe seinen letzten Lohn in einem kleinen batteriebetriebenen Keyboard angelegt hat. Stolz spielt er nepalesische Volksweisen und natürlich “ Resham firiri, Resham firiri….e ee r r r……“Schnell haben wir den melodischen Gassenhauer, den wir schon aus früheren Reisen kennen, wieder drauf und wir singen ausgelassen mit! Bevor wir uns am nächsten Morgen nach Braga aufmachen, haben wir noch die Gelegenheit die Gompa, also das Kloster des Ortes zu besichtigen. Nicht nur die Gompa, der ganze Ort wirkt noch eher mittelalterlich. Dazu passen auch die fröhlichen Menschen die wir bei rhythmischem Gesang und Schwingen der Dreschflegel beobachten durften. Für uns ein malerische Bild, aber harte Arbeit, nicht nur für das tägliche Brot, sondern auch fürs Trinken; Tsampa, Hirsebier! Mit zunehmender Höhe wird jetzt auch die Landschaft karger. Hochweiden für Schafe und Ziegen prägen weite Teile der Landschaft. Ungefähr auf halbem Weg zu unserem Tagesziel, gibt es in Hongde noch eine Flugpiste. Nach 6 Tagen noch mal eine Verbindung zur Außenwelt, die von uns keiner vermisst!  Wir überlegen schon wie wir den für morgen geplanten Akklimatisationstag nutzen sollen. Faulenzen kommt auch nach sechs Tagen Gehzeit für Keinen in Frage. Für die zwei Nächte in Braga erwartet uns unser Sherpa in einer Lodge die eher als Hotel bezeichnet werden muss, jedenfalls im Vergleich mit den sonst üblichen, eher bescheidenen Herbergen. Wir genießen also den unerwarteten Komfort von geräumigen Doppelzimmern, Dusche und einen gemütlichen Speiseraum! Sogar elektrischen Strom gibt es, wenn auch nicht ohne Unterbrechung. So wird das Abendessen zum Candle-Light-Dinner. Den Akklimatisationstag nutzen wir zu einem Vormittagsausflug bis knapp unter die 4000 m Linie mit fantastischem Ausblick auf den See des Gangapurna Gletschers. Viele der Bergkuppen um die viertausend Meter sind mit langen Reihen von Gebetsfahnen geschmückt und bieten mit der herbstlich bunt geschmückten Vegetation ein verschwenderisches Bild. Wir stellen beruhigt fest, dass keiner Probleme mit der jetzt doch schon ungewohnten Höhe hat. Den Nachmittag nutzen wir für einen Rundgang durch das schon sehr tibetisch geprägte Manang. Beim anschließenden Besuch einer Gompa, etliche hundert Meter über dem Ort auf der anderen Seite des Tales erbitten unser Sirdar und der Sherpa von dem dort lebenden Eremiten den Segen für die Überquerung des Thorong-La. Auch wir spenden ein paar Rupies! Höhepunkt des Tages ist dann eine Gebetszermonie in einer weiteren Gompa die wir in Braga besuchen dürfen. Keiner kann sich der Spiritualität und Mystik des Zeremoniells entziehen. Die mächtige Buddhastatue und der Altar werden im flackernden Kerzenlicht erst langsam deutlich, als sich unsere Augen an das Halbdunkel gewöhnt haben. Dröhnende Posaunen und dumpfe Trommeln erfüllen den Raum, begleiten das fast eintönige, und doch manchmal anschwellende Murmeln der heiligen Mantras! Ein tiefer Blick in die Seele dieses Landes! Nach sieben Tagen Sonnenschein begrüßt uns heute der neue Tag mit Regen! Also packen wir alles sehr sorgfältig ein, auch uns und machen uns unverdrossen auf den Weg. Die Etappe nach Yak-Kharga ist nicht besonders lang, hat aber einige steile Anstiege. Hinter Manang teilt sich der Marsyangdi in seine beiden Quellflüsse Khangsar-Khola und Jhargeng-Khola, wobei Khola Fluss bedeutet! Während der Khangsar zum Tilicho See führt folgen wir, immer höher an den Talflanken ansteigend, dem Jhargeng. Mit zunehmender Höhe geht der Regen in nassen Schnee über und unsere Regenjacken versagen ihren Dienst ! Einigermaßen nass und frierend erreichen wir Yak Kharga! Nur ein paar Häuser und die meisten Lodges sind wegen des schlechten Wetters schon gut besetzt! Wir beziehen eine sehr einfache Unterkunft und haben das Glück, dass das Dach einigermaßen dicht ist, nur eine kleine Pfütze neben der Tür! Der Wind pfeift zwar durch die Ritzen, in dem aus Bruchsteinen aufgesetzten Mauerwerk, aber nachdem wir die nassen Klamotten gewechselt haben wird es im Schlafsack schnell angenehm warm. Wieder etwas aufgewärmt balancieren wir auf Steinbrocken über Matsch und Schnee in das Nachbarhaus mit Küche und Gaststubefein verführerischer Duft nach frischen Backwaren empfängt uns! In einem kleinen Ofen aus Blech hat die Wirtin Cinnemon-Rolls, Zimtschnecken gebacken! Wir plündern den gesamten Vorrat, zur Freude der Bäckerin, und genießen die noch warmen Teilchen mit den obligatorischen „Big Pot“ black tea! Als uns dann die Hausfrau noch zwei Blechbehälter mit glühenden Holzscheiten aus der Küche unter unseren Tisch stellt kommen wir ganz fix auf die Idee unsere nassen Hemden unter dem Tisch zu trocknen. Mit vereinten Kräften, jeder hält den Zipfel eines Kleidungsstückes, schaffen wir es unsere Ausrüstung wieder einigermaßen trocken zu bekommen. Mit etwas Skepsis und einer großen Portion Optimismus kriechen wir um acht Uhr in den Schlafsack! Wie wird der morgige Tag? Wenn es schon auf viertausend Metern schneit! Wie wird der Pass aussehen? Nur noch ein Tagesmarsch bis zum „Base Camp“! Der Morgen ist kalt und mit dem ersten Tageslicht geht’s raus, schon um zu wissen wie das Wetter ist! Gut!!! Sonnenschein, ein paar Wolken, aber der heutige Tag wird eine Matsch Orgie. Die Sonne gewinnt rasch an Kraft und das Tauwasser weicht den Boden zu einer grundlosen Pampe auf. Insbesonders der Abstieg nach Thorong-Phedi wird zum Balanceakt. Doch wir kommen alle wohlbehalten an und bewundern die Geschicklichkeit unserer Träger die auch unter diesen Umständen mehr als 30 Kg. Gepäck zum Ziel bringen. Thorong-Phedi, 4450m, letzte Nacht vor dem Pass! Die Gebäude der Lodge sind im Viereck gebaut und der Innenhof bietet den notwendigen Windschutz, so dass wir die Nachmittagssonne ausgiebig genießen können. Natürlich versuchen wir den Wegverlauf über die gewaltige Schuttmoräne zu erkennen. Geduldig gibt unser Sirdar Auskunft, erklärt die Strecke! 2 Uhr morgens! Der Sirdar mahnt zum Aufstehen. Im Schein unserer Stirnlampen packen wir die Seesäcke! Wir bekommen ein kleines Frühstück, Omelette und Chapati. Der heiße Tee tut gut! Die Thermoskannen haben wir schon am Abend vorher gefüllt. Um halb Vier sind wir startklar. Uns empfängt eine bitter kalte Nacht. Wenigstens zehn Grad minus! Und doch müssen wir erst still stehen und staunen! Unendlich weit über uns ein Sternenhimmel, wie wir ihn in solcher Klarheit und Tiefe noch nie erlebt hatten! Weit über viertausend Meter hoch, keinerlei störendes Fremdlicht, reine, klare Luft! Unvergesslich! Wir nehmen uns vor langsam zu gehen. Fast 1000 m Höhenunterschied sind zu bewältigen! Bernhard geht als Schrittmacher voran. Langsam, fast bedächtig setzten wir im Schein unserer Stirnlampen Schritt vor Schritt. Noch zwei oder drei Gruppen sind mit uns unterwegs. Die Lichterpunkte ihrer Stirnlampen tanzen wie Glühwürmchen vor uns. Ich hatte mir vorgenommen weder auf die Uhr, noch auf den Höhenmesser zu sehen, nur langsam, gleichmäßig gehen, den Atem kontrollieren, Schritt für Schritt, Schritt für Schritt Der schmale Pfad ist in Serpentinen angelegt, schemenhaft erkennen wir gegen den Nachthimmel den großen Felsbrocken der uns gestern als Orientierungspunkt diente, wieder eine Kehre, noch eine…… Schritt für Schritt! Ich habe kein Gefühl mehr für diel vergangene Zeit, aber allmählich glaube ich, dass der Nachthimmel heller wird! Liegt es an der Höhe die wir gewonnen haben oder ist es im Osten schon der neue Tag? Die Steigung lässt jetzt nach, wir erreichen eine fast ebene Terrasse und unser Sherpa verordnet uns eine Pause. Fast 2 Stunden sind wir schon unterwegs und mein Höhenmesser verrät mir jetzt, dass wir fast die 5000 Meter geschafft haben! Wir stärken uns mit heißem Tee, Traubenzucker, etwas Schokolade. Wir freuen uns das bisher alles so gut gelaufen ist und die Zuversicht, dass wir den Pass schaffen werden, gibt uns weiteren Antrieb. Tatsächlich wird das Funkeln der Sterne, im zunehmenden Grau des neuen Morgens, jetzt immer schwächer. Wir brechen wieder auf und erreichen jetzt auch bald die Schneegrenze. Maximal 20 cm Altschnee, ausgetretene Spuren aber stark verharscht, stellenweise vereist. Es gilt aufzupassen. Inzwischen ist es fast hell, aber die Sonne hat die Bergkämme im Osten noch nicht überwunden. Nach etwa einer weiteren Stunde erreichen wir eine kleine Steinhütte! Gerade groß genug für eine Feuerstelle und die paar Utensilien die man braucht um Tee zu kochen! Wir schlürfen das heiße und ziemlich süße Gebräu vor der Hütte, denn drinnen ist beim besten Willen kein Platz für „Gäste“. Weiter geht es, nicht mehr so steil, aber ziemlich glatt!  Wir merken jetzt doch die Anstrengung die uns die zunehmende Höhe abverlangt. Noch eine knappe Stunde bis zum Pass! Jeder geht jetzt individuell seinen Rhythmus, bleibt auch mal stehen um zu verschnaufen und so zieht sich die Gruppe etwas auseinander! Aber die Wegspuren sind unmissverständlich. Inzwischen blinzeln die ersten Sonnenstrahlen hinter den Bergen hervor und es dauert nicht lange bis die Sonne des neuen Tages die schnee- und eisbedeckten Gipfel vor uns in gleißendes Gold taucht! Ein traumhafter Tag beginnt! Wir genießen den Blick auf die namenlosen Sechstausender. Unser Sherpa ist schon voraus und so wissen wir nicht ob auch schon einer der sechs Annapurnas am Horizont dabei ist. Gut vier Stunden nach unserem Aufbruch erreichen wir den Thorong-La! 5416 m ! Geschafft. Eine Woge von Glück und Zufriedenheit erfasst uns! Wir umarmen uns, wo ist unser Sherpa? Wo sind die Träger? Wir wollen uns bei ihnen bedanken! Der Ausblick ist atemberaubend, im Sinne des Wortes! Denn von der anderen Talseite fegt uns ein kräftiger Wind ins Gesicht, nimmt uns fast die Luft zum atmen! Wir ziehen uns auf der Passhöhe wieder etwas zurück zur der Steinpyramide die einen Fahnenmast hält. Unzählige bunte Gebetsfahnen peitschen im Wind, bilden einen wohltuenden Kontrast im stechenden Weiß der Schnee und Eislandschaft um uns herum. Wir folgen einem alten Brauch und legen auch einen Stein auf die Pyramide. Das soll Glück bringen und wir glauben gerne daran! Nicht ganz eine Stunde bleiben wir hier oben! Wir saugen uns voll mit den Landschaftsbildern, fotografieren und in einem Anfall von Heißhunger futtere ich aus meinem Rucksack die gesamte Tagesration und was ich sonst noch finden kann. Schweren Herzens machen wir uns an die 1700 m Abstieg nach Muktinath. Vorsichtig steigen wir über eine vereiste Geröllhalde ab. Viele Spuren zeigen uns die Richtung aber jeder sucht sich seinen besten Weg, so wie er Tritt findet. Bald erreichen wir wieder schnee- und eisfreies Gelände. Eine verkarstete Hochwüste, fast eine Mondlandschaft. Kein Baum, kein Strauch nur ein paar Flechten und Moose bedecken hier und da den kargen Boden. Und obwohl wir bergab gehen stemmen wir uns gegen den heftigen Gegenwind der uns aus dem Tal entgegen fegt. Kurz vor Mittag haben wir den größten Teil geschafft und rasten in einer einfachen Lodge. Die obligatorische Nudelsuppe schmeckt heute besonders gut! Nur noch eine Stunde bis Muktinath und so können wir die Mittagssonne ausgiebig genießen .Als hätten wir heute nicht schon genug überwältigende Sinneseindrücke erlebt, erweist sich Muktinath als weiterer Höhepunkt dieses Trekkings! Uns empfängt ein malerisches Bild von Tempelanlagen in einem Hain herbstlich goldgelb verfärbter Birken und Pappeln. Muktinath! Heiligtum und Wallfahrtsort für Hindus und Buddhisten. Die ewigen Flammen im Tempel, gespeist durch Austritt von Naturgas, brennen auf Wasser, Stein und Erde! Brahma soll durch das Entzünden des Feuers auf dem Wasser die unvereinbaren Elemente verbunden haben. Einhundertacht heilige Quellen, jede in einem Bronzekopf eines anderen stierähnlichen Fabelwesens gefasst bieten den Pilgern einen erfrischenden Trunk und Gelegenheit für ein rituelles Bad zur Reinigung von Sünden und spiritueller Befreiung. Und dann ist da noch der ungehinderte Blick auf den Dhaulagiri 8167 m, Nummer sechs in der Weltrangliste, ein beeindruckend schöner Eisdom! Dominierend, fast zum Greifen nah in der klaren Abendluft. Und doch unerreichbar für uns! Wir wären gerne noch in Muktinath geblieben, aber nach einem morgendlichen Einkaufsbummel drängt unser Sirdar zum Aufbruch. Weiter geht der Abstieg ins Kali Gandaki Tal. In der Ferne sehen wir schon die geheimnisvolle Silhouette des Bergdorfes Jarkot! Alte Steinhäuser mit flachen Dächern, eng ineinander verschachtelt drängen sie sich an den Bergrücken. Auch hier eine sehenswerte Gompa, von deren Dach man wieder ein phantastisches Panorama über die Eisriesen Dhaulagiri und seinen Nachbarn Nilgiri genießt. Mit unserem Tagesziel haben wir in Kagbeni jetzt auch die Talsohle des Kali Gandaki Tales erreicht. Seit Muktinath befinden wir uns bereits im Mustang Gebiet. Jenes geheimnisvolle Königreich im Himalaya das sich erst 1992 für Fremde öffnete und für das noch heute ein besonderes Permit erforderlich ist. In Kagbeni ist der Checkpoint für den Eintritt in den „verbotenen“ Teil Mustangs. Der heftige Wind, der uns schon auf dem Thorong-La zu schaffen machte ist nun unser täglicher Begleiter im Kali Gandaki Tal. Die engste Durchbruchschlucht der Welt wirkt wie ein Kamin und jagt die warme Luft aus dem Tal hinauf in die kalten Regionen! Ab zehn Uhr morgens beginnt der Wind, steigert sich im Laufe des Vormittages und treibt im Herbst Sand und Staub aus dem trockenen Flussbett vor sich her. Trotz Maskierung mit Dreieckstüchern vor Mund und Nase, knirscht es bald zwischen den Zähnen. Unser Weg folgt nun dem Flusslauf, teils können wir im ausgetrockneten Flussbett Abkürzungen nutzen, teils geht es wieder an den Talflanken in stetem Auf und Ab talwärts. Über Jomsom, erreichen wir Marpha auf alten Karawanenwegen. Ein schmuckes Dorf, mit auffallend guten Unterkünften. Bekannt ist Marpha für seine wohlschmeckenden Äpfel, die natürlich eine willkommene Bereicherung unserer Speisekarte darstellten. Den wärmstens empfohlenen, selbstgebrannten Apfelschnaps haben wir natürlich auch probiert, das war’s dann aber auch schon. Die hier lebenden Thakali sind kluge Geschäftsleute, geprägt vom jahrhundertealten Salzhandel mit Tibet. Die Häuser, auch auf unserem weiteren Weg nach Kalopani sind oft mit kunstvollen Schnitzereien verziert und zeugen von vergangenem Wohlstand. Nachdem der Salzhandel bedeutungslos geworden ist konzentriert sich jetzt vieles auf den zunehmenden Tourismus. Das Kali Gandaki Tal ist eine der meist begangenen Routen in Nepal und die Möglichkeit nach Jomsom ein- oder auszufliegen verringert die körperlichen Strapazen natürlich erheblich. Immer enger wird jetzt das Tal! Der Fluss hat sich so tief zwischen den nur 35 km auseinander liegenden Achttausendern Annapurna und Dhaulagiri eingegraben, dass die Höhendifferenz zwischen Talsohle und einer gedachten Gipfellinie über 6000 m beträgt! Streckenweise ist der Weg aus den Felswänden herausgehauen. Tatopani unser heutiges Tagesziel verdankt seinen Namen den heißen Quellen in der Umgebung (tato pani = Heißes Wasser). Hier herrscht schon lebhaftes Treiben sodass es sich wiedereinmal bewährt hat dass unser Sherpa schon früh vorausging um Quartier zu machen. Schon vor etlichen Tagen hatten uns entgegenkommende Trekker berichtet, dass gleich hinter Tatopani der Weg von einem großen Erdrutsch versperrt sei. So mussten wir über einen abenteuerlichen Trampelpfad, in guten anderthalb Stunden den Erdrutsch umgehen, um die letzte Hängebrücke, nur wenige Kilometer hinter Tatopani zu erreichen. Dort begann dann die eigentliche Tagesetappe mit ca. 1700 m Anstieg zum Passdorf Gorapani. Unsere warme Kleidung haben wir längst wieder in den Seesäcken verstaut. Es ist wieder subtropisch warm bei hoher Luftfeuchtigkeit. Der Weg ist überwiegend mit Steinplatten befestigt. So steigen wir Stufe um Stufe bergan. Die Treppen sind unregelmäßig, mal hoch, mal flach, mal breit, mal schmal, aber Stufe um Stufe. Es müssen Tausende sein, monoton gehen wir Stufe um Stufe, Stufe um Stufe. Schließlich erreichen wir eine kleine, malerische Passhöhe die uns einen letzten Blick zurück gestattet. Nach etwa 7 Stunden erreichen wir Gorapani und eine überfüllte Lodge! Heute dekorieren wir wieder mal die Lodge mit nassen Klamotten, nicht wegen Regen, alles durchgeschwitzt, kein trockener Faden mehr am Leib! Von hier aus kann man den Poon Hill, einen beliebten Aussichtsberg in einer dreiviertel Stunde erreichen. Wir gehen am nächsten Morgen, noch in der Dunkelheit, los um noch einmal den Sonnenaufgang zu erleben. Bei klarer Sicht leuchten die Eisflanken von Dhaulagiri und Annapurna. Mit Glück sieht man auch den Manaslu. Und dann natürlich, zum ersten mal auf unserer Route, den Machapuchare den „Fischschwanz“, wie er wegen seines eigenartigen Doppelgipfels genannt wird. Wir werden nicht enttäuscht, wenngleich die Sicht nicht optimal ist und eine Menge anderer Menschen das Erlebnis mit uns teilen will. Die umliegenden Berge, im Morgenlicht rotgolden verfärbte Wolkenfetzen und ein bleicher Dunst in den tieferliegenden Tälern verbreiten eine geheimnisvolle Stimmung. Nicht so recht nach Aufbruch des neuen Tages, eher schon ein wenig Abschied! Nachdem die Sonne den Horizont überschritten hat kehren wir erst einmal in die Lodge zurück um zu frühstücken. Dann machen wir uns auf nach Birethanti. Heute geht es zur Abwechslung 1800 m bergab und wieder über Steinstufen. Stufe um Stufe! Zuerst durch Rhododendrenwald dann durch terrassierte Felder. Stufe um Stufe. Ende Oktober blühen hier die Kirschen zum zweiten Mal. Der Weg ist anstrengend, jeder Schritt abwärts staucht die Gelenke und die Unregelmäßigkeit der Stufen erfordert konzentriertes Gehen, Stufe um Stufe. Reisfelder wechseln sich ab mit Bambuswald als wir schließlich Birethanti erreichen. Wir haben eine kleine Lodge für uns, mitten im Ort. Traditionell feiern wir den glücklichen Abschluss unseres Trekkings! Die ganze Mannschaft ist eingeladen und wünscht sich Dhal Bat,! Das nepalesische Nationalgericht aus Reis, Gemüse und einer Linsensuppe wird heute um Fleisch ergänzt. Alle genießen das Essen und es macht Freude zuzuschauen welch unglaubliche Mengen die an sich eher zierlich gebauten Nepali verschlingen können! Bier und Rakshi gehören dazu. Jeder von uns gibt ein Kleidungsstück für eine Tombola! Natürlich auch ein Trinkgeld, denn die Trägerlöhne sind nicht gerade üppig. Wir danken unserem Sirdar und dem Sherpa für unvergesslichen Tage. Wir danken den Frauen und Männern die unser Gepäck 16 Tage lang geschleppt haben und dabei für uns unglaubliches geleistet haben. Am Ende des Trekkings sind alle zufrieden. Es wird ein ausgelassenes Fest! Als dann in der Runde noch einer “ Resham firiri, Resham firiri….e ee r r r……“
anstimmt werden auch die Anwohner und Kinder der umliegenden Häuser neugierig! Unser Pavillon ist bald von Einheimischen und Kindern umlagert. Wir singen und tanzen, begleitet von rhythmischem Klatschen der Zaungäste bis spät in den Abend. Eine
unvergessliche Tour geht zu Ende. Wir haben wieder etwas mehr von diesem wunderbaren Land und seinen Menschen kennengelernt und insgeheim wissen wir: Wir kommen wieder!Der nächste Tag verlangt von uns noch eine knappe Stunde Fußmarsch zur Straße nach Pokhara . Gleich hinter Birethanti überqueren wir eine letzte Brücke und haben von dort noch mal einen herrlichen Blick auf den Machapuchare im Morgendunst. Der Bus wartet schon und schaukelt uns über Pokhara nach Kathmandu zurück!